Für
Behandelnde
Betroffenenperspektive
Es ist von entscheidender Bedeutung, sich mit den Erfahrungen und Perspektiven schwangerer Frauen mit Essstörungen auseinanderzusetzen, um ein tieferes Verständnis für ihre Situation zu entwickeln und einfühlsam mit ihnen umgehen zu können. Durch die Auseinandersetzung mit den Erfahrungen schwangerer Frauen mit Essstörungen können etwaige Unsicherheiten und Vorurteile abgebaut werden, was dazu beitragen kann, dass Sie als Fachkraft besser auf Betroffene eingehen können, um nachhaltige Therapieerfolge zu erzielen.
Schulungs-Curriculum
Um die Versorgungssituation von schwangeren Frauen mit essgestörtem Verhalten zu verbessern und die körperliche und psychische Gesundheit dieser Frauen und deren Kinder sicherzustellen, wurde ein Schulungs-Curriculum für Ärzt:innen für Frauenheilkunde und Geburtshilfe entwickelt und implementiert.
Materialien des Schulungs-Curriculums
10 Handlungsempfehlungen für Klinikpersonalder (Academy for Eating Disorders)
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01
Das körperliche Erscheinungsbild allein ist kein Maß für das Vorliegen oder die Schwere einer Essstörung. Bewerten Sie gründlich die Gedanken und Verhaltensweisen in Bezug auf Lebensmittel, Essen und kompensatorische Verhaltensweisen (z.B. Sport, induziertes Erbrechen oder Laxanzienabusus).
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02
Beziehen Sie die Familie und/oder andere unterstützenden Personen in die Bewertung und Behandlung ein. Sie sind Experten für die ihnen nahestehende Person und können wertvolle Informationen und Unterstützung bieten. Die Forschung zeigt, dass sich die Prognose für diejenigen verbessert, die Unterstützung von Familie und Freunden erhalten.
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03
Essstörungen können einen Dominoeffekt haben, der nicht nur für die Betroffenen selbst, sondern auch für ihre Familien zu persönlichen Krisen führen kann. Beurteilen Sie, wie sich die Essstörung auf alle Beteiligten auswirkt, und bieten Sie Beratung, Aufklärung und Unterstützung für alle Involvierten an.
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04
Helfen Sie Betroffenen und pflegenden Angehörigen/Freunden, die komplexe Ätiologie von Essstörungen zu verstehen. Genetik, Umwelt und viele andere Faktoren tragen zu ihrer Entwicklung bei. Verwenden Sie keine Sprache, die suggeriert, dass Essstörungen aus bewussten Entscheidungen heraus entstehen und verzichten Sie auf Schuldzuweisungen.
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05
Seien Sie stets achtsam für Anzeichen von Essstörungen. Führen Sie Screenings für Essstörungen bei Personen durch, die folgende Merkmale aufweisen: 1. unerklärlicher Gewichtsverlust, -zunahme oder -schwankungen, 2. Fruchtbarkeitsprobleme, 3. Stimmungsschwankungen oder Angstzustände, 4. Amenorrhoe, 5. Müdigkeit, 6. Veränderungen im Bewegungs- oder Essverhalten, 7. Veränderungen von Einstellungen oder Verhaltensweisen, insbesondere in Bezug auf Essen, Bewegung oder Gewicht.
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06
Überprüfen Sie regelmäßig auf mögliche medizinische und psychologische Risiken. Gewicht, Größe, Körperform und BMI sind nicht die einzigen Indikatoren für Gesundheit. Informieren Sie sich selbst aber auch die betroffenen Personen und Familienmitglieder über das erhöhte Risiko von medizinischen Komplikationen und das Suizidrisiko.
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07
Machen Sie Betroffenen und ihren Angehörigen Mut: Eine Genesung ist immer möglich. Auch wenn eine frühere Diagnose und Behandlung die Prognosen verbessern, kann eine Genesung auch bei auch bei Personen mit einer langjährigen Essstörung stattfinden.
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08
Nehmen Sie die Bedenken von Angehörigen/Freunden ernst und haken Sie nach, auch wenn eine betroffene Person solche Bedenken leugnet. Personen mit Essstörungen erkennen möglicherweise nicht den Ernst ihrer Krankheit und/oder bagatellisieren ihre Symptome.
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09
Erklären Sie den Betroffenen und ihren Angehörigen, dass es bei der Genesung um mehr geht als nur um die Wiederherstellung des Gewichts. Betonen Sie, dass auch die Veränderung von Gedanken und Verhaltensweisen, die mit Essstörungen einhergehen, eine wichtige Rolle für die Genesung spielt. Es kann länger dauern, diese Gedanken und Verhaltensweisen zu überwinden. Einige Personen müssen möglicherweise ein höheres Gewicht erreichen, um eine vollständige Genesung zu erreichen.
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10
Fördern Sie Diversität unter Behandelnden und allgemein im klinischen Bereich. Vorurteile und Voreingenommenheit von Behandelnden in Bezug auf Essstörungen oder Gewicht können die Behandlung negativ beeinflussen. Menschen aller Formen, Größen, Altersgruppen, Ethnien und Geschlechter können von Essstörungen betroffen sein.
Diese 10 Handlungsempfehlungen wurden von der AED in Zusammenarbeit mit einem Komitee von Betroffenen erstellt, mit dem Ziel, die Qualität der Forschung und Behandlung von Essstörungen zu verbessern. Dieses und weitere Dokumente werden von der AED hier frei zur Verfügung gestellt (Abgerufen am 28.03.2024). Übersetzung durch die Redaktion.
Weiterführende Literatur
- S3-Leitlinie „Diagnostik und Behandlung der Essstörungen“ (AWMF, 2020)
- Literaturempfehlung der Schweizerischen Gesellschaft für Essstörungen (SGES, 2024)
- Pregnancy and Eating Disorders: A Professionals‘ Guide [Englisch] (NEDC, 2015)
- Artikel „Diagnostik und Therapie von Essstörungen“ (MMW-Fortschritte der Medizin, 2018)
- Artikel „Anorexia nervosa: Wissenswertes für die gynäkologische Praxis“ (FRAUENARZT Heft 10/21)
Materialien für Betroffene
- Broschüre „Diagnose Essstörung. Früherkennung für ÄrztInnen in der Praxis“ (INFES Fachstelle, 2014)
- Broschüre „Was tun bei Verdacht auf Essstörungen“ (BMG, 2016)
- Schaubild „Sich helfen lassen“ (BzGA, 2022)
- Patientenleitlinie „Diagnostik und Behandlung von Essstörungen“ (DGESS, 2015)
- Leitfaden „From Survive to Thrive“ von Betroffenen für Betroffene [Englisch] (Kelty Mental Health Resource Centre, 2014)
Wissenschaftliche Fachpublikationen unserer Arbeitsgruppe
Fertility, Pregnancy, and Maternity in Women with Eating Disorders
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